Kündigungen verursachen nicht nur direkte Kosten für Arbeitgeber:innen, sondern auch zahlreiche - nicht immer ganz einfach zu begreifende - indirekte Kosten.
Eine Bloomberg-Analyse ganz nach meinem Geschmack. Die Zeitung hat sich Hunderte Angaben von US-Firmen bei der Börsenaufsicht SEC angeschaut und Ökonom:innen, Akademiker:innen und CEOs befragt, um die tatsächlichen Kosten von Entlassungen zu verstehen. Meine Highlights:
- Abfindungen betragen im Schnitt 40.000 USD pro Mitarbeiter:in, werden aber auch nur von einem Viertel aller US-Firmen angeboten, global von 42% aller Firmen
- Firmen stellen vor einer Kündigungsrunde oft teure Anwält:innen ein, um sich rechtlich abzusichern
- Nach größeren Stellenstreichungen lässt sich beobachten, dass die verbleibenden Mitarbeiter:innen weniger produktiv sind und häufiger selbst kündigen
- Firmen, welche anstelle von Entlassungen auf Modelle wie Kurzarbeit setzten, schnitten teilweise noch zwei Jahre später besser ab
Vor allem der Punkt, dass sich Entlassungen auf die verbleibenden Mitarbeiter:innen auswirken, ist meiner Meinung nach extrem wichtig und fatal unterschätzt. Im Schnitt betrage der Produktivitätsverlust 519 USD pro verbleibendem:r Mitarbeiter:in und Monat, was bei 100 verbleibenden Mitarbeiter:innen über 50.000 USD Produktivitätsverlust pro Monat bedeute (die Zahl basiert auf Daten von ActivTrak, welches Produktivität anhand der Maus- und Tastaturnutzung misst). Und freiwillige Kündigungen stiegen nach einer Entlassungswelle, welche 10 Prozent der Mitarbeiter:innen betraf, um 50 Prozent.
Kein Wunder. Die Moral ist oft am Boden, es herrscht Unsicherheit über die eigene Lage und die häufig einhergehenden Umstrukturierungen in Arbeitsprozessen und -hierarchien bedeuten Stress. Es muss nicht immer so laufen, denn Firmen können Entlassungen auch gut handhaben - in der ActivTrak-Analyse erhöhten einige Firmen sogar ihre Produktivität -, doch aus Erfahrung kann ich sagen, dass es meist eben nicht so läuft.
Ein Punkt, welcher in der Bloomberg-Analyse eher nebenbei angeschnitten wird, sind die hohen Kosten von Vakanzen. Wenn eine Stelle nicht gefüllt ist, fehlt irgendwo eine notwendige Arbeitsfunktion. Entweder läuft der Prozess jetzt also nicht optimal ab oder Mitarbeiter springen in die Lücke und laden mehr Stress und Unzufriedenheit auf sich (oder Projekte werden einfach auf unbestimmte Zeit verschoben). Die Kosten dafür können je nach Funktion und Dauer der Vakanz Tausende bis Hunderttausende Euro betragen. Dazu kommt, dass neue Mitarbeiter:innen nicht selten mit höheren Gehältern oder Boni ins Haus gelockt werden müssen, als die vorherigen Mitarbeiter:innen.
In aller Kürze, also: Vakanzen kosten richtig viel Geld, Entlassungen kosten richtig viel Geld und Firmen, die das nicht verstehen, manövrieren sich in den Wettbewerbsnachteil. Entlassungen und Stellenstreichungen können angebracht sein, doch wer bei der Kosten-Nutzen-Rechnung nur Arbeitskosten mit Abfindungskosten gegenüber stellt, begeht einen schweren Fehler.