Vergangene Woche erlebten die Aktienmärkte einen Mini-Kollaps, weil der Arbeitsmarkt in den USA unerwartet locker wurde. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, denn das größere Problem verbirgt sich im Gegenteil.
Vielleicht erinnerst du dich noch an deinen Blick ins Aktiendepot: Überall rot. In der vergangenen Woche gab es bei wichtgen Indizes wie S&P 500 und DAX einen plötzlichen Absturz um rund 6 Prozent, beim japanischen Nikkei gar um 12 Prozent. Das waren in den USA und Europa die schlechtesten Tage seit 2022, in Japan gar ein 35-Jahre-Minusrekord.
- Eine Reihe von Gründen spielte hinein, z.B. Zweifel am KI-Boom und Pech bei einer beliebten Hedgefonds-Strategie namens Carry Trade
- Der Hauptgrund dürften aber schlechte Arbeitsmarktdaten aus den USA gewesen sein: Die Zahl der Arbeitslosengeldanträge war in der Vorwoche unerwartet stark gestiegen.
Mehr Arbeitslose bedeuten einen lockeren Arbeitsmarkt. Es ist auf den ersten Blick intuitiv, warum das Ökonomen oder Anleger stören sollte: Mehr Arbeitslose kosten den Staat mehr und bedeuten eine schwächelnde Konjunktur. Droht den USA etwa die Rezession? Das war die Frage, welche sich viele Anleger stellten. Und ein klein bisschen in Panik verfielen.
Der ironische Punkt ist, dass ein lockerer Arbeitsmarkt auf längere Sicht viel weniger problematisch ist als ein zu straffer Arbeitsmarkt, wo es also an Arbeitskraft mangelt. Ersteres lässt sich relativ einfach lösen: Etwa den Konsum durch Staatsausgaben ankurbeln, um Firmen so zur Kapazitätsvergrößerung anzuregen oder einfach gleich auf der Angebotsseite (Firmenseite) ansetzen und z.B. Bürokratie oder Arbeitskosten senken.
Einen strikten Arbeitsmarkt zu lösen, ist um einiges kniffliger. Den Konsum ankurbeln bringt nix, denn die Firmen hätten ja gar nicht genug Arbeitskräfte, um irgendwelche Kapazitäten zu erhöhen. Stattdessen muss bei viel komplizierten Hebeln angesetzt werden: Geburtenraten, Zuwanderung, Arbeitszeiten.
In Deutschland haben wir letzteres Problem: den Fachkräftemangel. Das perfide ist ja, dass der Fachkräftemangel nie zu einem Aktiencrash führen wird - anders als plötzliche Arbeitslosigkeit -, aber auf lange Sicht die industrielle Basis eines Landes aushöhlen und es im internationalen Wettbewerb zurückwerfen kann.