Die Bundestagswahl findet Ende Februar statt, die Parteiprogramme werden in Kürze beschlossen. Jetzt sind erstmals Teile aus den Entwürfen an die Medien geraten.
Keine Ahnung wie es euch geht, aber ich hab überhaupt keine Lust auf Wahlkampf.
Die Parteien überbieten sich mit großartigen Ideen, aber am Ende wird ein Großteil davon auf dem Altar der politischen Realitäten oder einfach der Faulheit geopfert.
Beispiel gefällig? In den Wahlprogrammen 2021 wimmelte es überall nur vor Bürokratieabbau. Die Realität, drei Jahre später: Wir haben erst letzte Woche erfahren, dass 22% (!!!) der deutschen Arbeitszeit für Bürokratie drauf geht.
Aber na gut, es hilft ja doch nichts. Den Wahlkampf zu ignorieren geht nicht, denn dafür ist die Wahl zu wichtig und die Lage in Deutschland zu prekär.
Also: Was planen die Parteien? Von der CDU, der SPD und den Grünen haben wir diese Woche etwas erfahren.
Hier: SPD und Grüne
Die Grünen als erstes, denn das geht am schnellsten, da wir noch nicht sonderlich viel wissen. E-Auto-Förderung halte ich für nicht allzu spannend und das Klimageld (als klimapolitischen Ausgleich für Bürger) ist eine diskutable Idee, hat es aber schon seit 2021 nicht in die Wirklichkeit geschafft.
Energiepreise zu senken und mehr Investitionen ist super, aber noch etwas vage. Habecks geforderte Vermögenssteuer auf Milliardäre halte ich für sinnlos: Vermögenssteuern sind ein bürokratischer Albtraum und bringen oft viel weniger Geld, als man sich erhofft (und manchmal kosten sie netto), weil Kapital nun einmal sehr mobil ist.
Also, gleich auf zur SPD.
Ihr Programm gefällt und missfällt mir in Teilen.
- Ein günstigerer Strompreis dank Deckel auf die Netzentgelte, mit welchen der Staat die Kosten des Netzausbaus auf Stromkunden umlagert? Ja, bitte!
- Mehr Investitionen durch eine pauschale Steuererstattung von 10% und einen 100 Milliarden Euro schweren Deutschlandfonds? Gerne!
- Auch eine Reform der Schuldenbremse finde ich in Ordnung, auch wenn es da natürlich stark auf die Details ankommt.
- Dass 95% der Menschen steuerlich entlastet werden sollen, klingt im ersten Moment gut. Nur sind erstens die 5% darüber, welche mehr belastet werden, oftmals die Fachkräfte, welche wir benötigen. Und erfahrungsgemäß ist die SPD nicht gerade der begeistertste Steuersenker, also bin ich ein wenig skeptisch, wie viel da wirklich entlastet wird.
- Außerdem denkt die SPD über einen Erhalt des Soli, höhere Kapitalertragssteuern, eine Erbschaftsteuerreform und eine Vermögenssteuer nach. Plus noch mehr Sozialstaat.
Ganz ehrlich? Kein Fan. Der Teil zur Investitionsförderung gefällt mir sehr, aber dass die SPD ausgerechnet allerlei Steuern anheben will, macht mir Sorgen. Deutschland ist ein Hochsteuerland und das vertreibt schon heute inländische Fachkräfte und verschreckt ausländische Fachkräfte. Die angedeutete Einkommensteuersenkung klingt spannend, aber ist noch vage.
Ich warte also sowohl bei Grünen als auch bei der SPD noch die detaillierten Programme ab, aber ich befürchte, dass beide vor allem auf mehr Staatseinnahmen setzen werden. Ernsthafte Anreize für mehr Arbeit oder Fachkräftezuwanderung erkenne ich in dem, was aus den Entwürfen bislang bekannt ist, leider nicht.
… und jetzt ein Blick auf das, was die CDU mit dem Land vor hat
Was will die CDU? Eine ganze Reihe an Dingen, und davon ist einiges ein alter Hut, anderes spannend:
- Der Einkommenssteuertarif soll flacher sein, z.B. werden 41% erst ab 80.000 Euro Einkommen und nicht schon 67.000 Euro fällig. Auch die Sozialabgaben sollen sinken.
- Außerdem soll der Einkommenssteuertarif an die Inflation angepasst werden: Kalte Progression adé!
- Soli wird abgeschafft und Überstunden werden von der Steuer ausgenommen?! Now we’re talking!
- Weniger Mehrwertsteuer auf die Gastronomie, nix neues bei der Rente (welch ein Schock…), festhalten an Klimazielen
- Das Bürgergeld soll weg und durch eine strengere “Neue Grundsicherung” ersetzt werden
- Die Unternehmenssteuer soll auf maximal 25% sinken
- Bürokratieabbau. Na klar. Ganz bestimmt.
Und noch vieles mehr, aber das ist alles, was ich am spannendsten fand.
Was ist davon zu halten?
Ganz ehrlich: Klingt gar nicht schlecht.
Weniger Einkommenssteuer und keine kalte Progression? Genau das braucht Deutschland gerade! Unsere Steuerbelastung ist zu hoch, vor allem auf ordentlich verdienende Fachkräfte (und ja, das meint inzwischen auch Pflegekräfte, welche längst keinen Hungerlohn mehr verdienen).
Steuerfreie Überstunden?! Ich konnte kaum glauben, dass eine Partei mal tatsächlich einen sinnvollen Vorschlag macht, um die deutschen Arbeitszeiten erhöht zu bekommen! Eine elegante und funktionierende Lösung.
Auch beim Bürgergeld war ich bekanntermaßen etwas skeptisch, weil es meiner Meinung nach einfach zu großzügig war. Einen Sozialstaat können und müssen wir uns leisten, aber das Bürgergeld tat uns aktiv darin weh, genug Arbeitskraft zu mobilisieren, um unseren Wohlstand zu bewahren. Und dieser Wohlstand ist, was unseren Sozialstaat ermöglicht.
Dennoch bleibe ich skeptisch. Zum Beispiel ist mir nicht klar, wie die ganzen Pläne finanziert werden sollen - die Schuldenbremse will die CDU nämlich bewahren. Vielleicht ist das nur Verhandlungsstrategie (denn am Ende muss ja mit SPD oder Grünen über eine Koalition geredet werde) oder die CDU will ihre Vorschläge irgendwie aus dem fiskalischen Hut hervorzaubern.
Und Dinge wie Bürokratieabbau sind inzwischen halt ein running gag. Die CDU macht zwar ein paar konkrete und ganz nette Vorschläge, etwa was die Arbeitszeiterfassung angeht, aber das glaube ich erst, wenn ich es sehe.
Zusammengefasst: Der Programmentwurf der CDU versteht noch am ehesten, was derzeit benötigt ist. Ein paar der Vorschläge sind wirklich sinnvoll! Was davon am Ende passiert, tja, das ist eine andere Frage.