Die Zahl der Arbeitslosen ist im Juli unerwartet stark gestiegen. Das ist eine konjunkturelle Entwicklung, keine strukturelle
Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit für den Juli haben überrascht: Selbst saisonal bereinigt lockerte sich der Arbeitsmarkt stärker, als Beobachter erwartet hätten.
- 82.000 mehr Menschen hatten keinen Job, macht insgesamt 2,809 Millionen
- Die Arbeitslosenquote betrug somit 6,0%, also 0,2 PP mehr als im Juni
- Auch die Zahl der gemeldeten offenen Stellen fiel um 69.000 auf 703.000
Hand aufs Herz: Wenn es um solche Daten geht, habe ich eigentlich genau zwei Botschaften, welche ich gebetsmühlenartig wiederhole:
- Wenn der Arbeitsmarkt straffer wird: Seht ihr, der Fachkräftemangel hat uns im Griff
- Wenn der Arbeitsmarkt lockerer wird: Jetzt bloß nicht den Fehler machen, zu denken, dass der Fachkräftemangel vorüber sei
Ich wiederhole das, weil Leute es leider regelmäßig hören müssen. Der Durchhänger am Arbeitsmarkt hat konjunkturelle Gründe. Wer das mit strukturellen Gründen verwechseln möchte, tut das auf eigene Gefahr. Und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit falsche Entscheidungen treffen.
- Konjunkturell bedeutet vorübergehend: Die deutsche Wirtschaft schwächelt derzeit und hat die erhoffte Sommerbelebung verpasst. Ohnehin ist der Arbeitsmarkt nicht immer die Speerspitze des “business cycles”, sondern folgt mitunter ein wenig zeitversetzt. Wenn Firmen im Frühjahr beschlossen, dass das Geschäft nicht gut läuft, dann melden sich die Mitarbeiter eben jetzt – drei Monate später – arbeitslos.
- Strukturell bedeutet mittel- und langfristig. Der Fachkräftemangel wird uns, insofern du nicht in einer besonders glücklichen Branche arbeitest, noch auf Jahre und Jahrzehnte begleiten. Er ist auch nicht dadurch abgesagt, nur weil gerade etwas weniger produziert wird und offene Stellen vom Markt genommen werden.
Sobald die Konjunktur wieder umschwingt – und das wird sie –, steigen wieder der Konsum, der Export, der Produktionsbedarf und somit der Arbeitskräftebedarf. Voila, der Fachkräftemangel ist wieder in voller Härte zurück. Er war nie weg, aber jetzt erkennen es wieder selbst jene, die nur auf die Oberfläche blicken.
Wie können Firmen smart mit dieser Gemengelage umgehen? Ihre Personalplanung langfristig denken; verstehen, wie wertvoll Fachkräfte sind (und wie teuer Vakanzen eigentlich sind); und sich bloß nicht von einer konjunkturellen Schwächephase ins Boxhorn jagen lassen.
Klar, wenn das Überleben des Betriebs dran hängt, sind Stellenstreichungen manchmal der einzige Weg. In den allermeisten Fällen kommt es einem Unternehmen allerdings deutlich teurer zu stehen, wenn es einige Monate später plötzlich in einem extremen Verkäufermarkt nach Arbeitskraft jagen muss.
Also: Meldungen wie diese hier bitte entspannt und smart lesen.