Ich habe gerade eine fantastische Grafik zur Entwicklung von Arbeitszeiten im Morning Briefing von whathappened.io gesehen.
Wenn es euch wie mir geht, habt ihr das Ranking der OECD-Staaten, welche am meisten und welche am wenigsten arbeiten, schon oft gesehen. Entwicklungsländer ganz oben, mit 2.000+ Stunden (kaum überraschend) und reiche Industriestaaten ganz unten. Den Schluss bildet Deutschland, welches mit 1.340 durchschnittlichen Arbeitsstunden pro Jahr die Sache mit der Work-Life-Balance ganz offenkundig am besten raus hat.
Was ich aber noch nie gesehen habe, ist eine Zeitreihe über mehrere Jahre oder Jahrzehnte - und das auch noch im Vergleich zwischen mehreren Ländern. Hier ein paar spannende Findings aus dem OECD-Datenset, welches whathappened verarbeitet hat:
- In Deutschland beginnt die Zeitreihe leider erst ab 2000. Schon damals haben wir im internationalen Vergleich wenig gearbeitet und seitdem nochmal um 8,6% reduziert, also über 22 Jahre (das Datenset geht bis 2022).
- Die US-Amerikaner haben binnen 72 Jahren - also von 1950 bis 2022 - um 8,0% reduziert, aber von einem viel höheren Niveau. Wow - was wir prozentual in zwei Jahrzehnten an Arbeitszeit abgebaut haben, erlauben sich die Amerikaner nicht einmal in sieben Jahrzehnten.
- Spannend ist, dass in einigen Ländern die Arbeitszeit kräftige Sprünge hoch gemacht hat, zumindest zeitweise. Am beeindruckendsten ist Schweden, wo die Arbeitszeit zwischen 1980 und 2000 beständig gestiegen ist, um circa 10%.
- Japan und Südkorea wirken popkulturell wie Burnout-Paradiese, doch die durchschnittliche Arbeitszeit liegt zumindest in Japan relativ niedrig und ist in beiden Ländern kräftig zurückgegangen. Zwei Möglichkeiten: Vielleicht sind die Anekdoten nicht ganz richtig bzw. beziehen sich nur auf relativ kleine Milieus; ODER die Anekdoten haben recht und die Daten leiden unter einem blinden Fleck, was ja durchaus möglich ist.
Wie wichtig Arbeitszeit für das Thema Fachkräftemangel ist, bedarf ja keiner Erklärung. Umso spannender also, die (jüngere) Geschichte der Arbeitszeitentwicklung sehen und vergleichen zu können.
